eco: Wirtschaft ohne Orientierung bei Industrie 4.0
Dr. Bettina Horster: „Viele Unternehmen sind mit Industrie 4.0 schlichtweg überfordert“
Köln, 6. August 2014 – Der Umgang der deutschen Wirtschaft mit Industrie 4.0 ist weitgehend durch Orientierungslosigkeit und Überforderung geprägt. Dies ist die Kernaussage einer aktuellen Expertenumfrage von eco – Verband der deutschen Internetwirtschaft e. V. 85 Prozent der von eco befragten Fachleute sind der festen Überzeugung, dass die meisten Unternehmen in Deutschland keine klare Vorstellung davon haben, was Industrie 4.0 eigentlich ist und wie sie aussehen wird. 94 Prozent der Experten halten die deutsche Wirtschaft durch die für Industrie 4.0 erforderliche Zusammenschaltung von Hardware, Software und Telekommunikation für schlichtweg überfordert.
Flexibilität und einheitliche Branchenstandards sind entscheidend
„Industrie 4.0 muss für die Wirtschaft greifbarer und einfacher werden“, erklärt Dr. Bettina Horster, Vorstand der Vivai Software AG und Direktorin Mobile im eco. Das sehen auch die Experten so: 94 Prozent der Befragten vertreten die Auffassung, dass einheitliche Branchenstandards und branchenspezifische Lösungen für den weiteren Erfolg von Industrie 4.0 entscheidend sind. Für mittelständische Firmen ist die internationale Verbreitung vor allem schwierig, weil es keine weltweit tragfähigen Datentarife gibt, meinen 71 Prozent der Fachleute. „Die für den weltweiten Rollout wichtige Provider-Flexibilität hat die Mobilfunkbranche leider noch nicht akzeptiert. Jeder Provider-Wechsel erfordert nach wie vor zwingend den Austausch der SIM-Karte.“
Die meisten Industrie 4.0-Geschäftsmodelle sind wirtschaftlich nicht tragbar
Allein schon aufgrund der schwer abschätzbaren weltweiten Datenübertragungskosten gehen 92 Prozent der von eco befragten Experten davon aus, dass die für Industrie 4.0 kalkulierten Geschäftsmodelle schön gerechnet sind oder erst zu spät auf ihre wirtschaftliche Tragfähigkeit überprüft werden. 71 Prozent der Fachleute sind davon überzeugt, dass die Unternehmen die Kosten für Datenübertragung und Datenspeicherung schlichtweg unterschätzen. Hoch ist hingegen die Angst der Unternehmen vor Online-Spionage, meinen 80 Prozent der Fachleute. „Ein Hacker, der sich in die Machine-to-Machine-Kommunikation einschaltet, hat in der Regel Zugriff auf das Kern-Know-how des jeweiligen Unternehmens“, gibt Dr. Bettina Horster eine Erklärung ab, warum sich viele Firmen beim Thema Industrie 4.0 noch bedeckt halten.
Dr. Bettina Horster fordert staatenübergreifende Mobilfunk-Lösungen
Es wird höchste Zeit, den schon von der GSMA (Industrievereinigung der Mobilfunkbetreiber) verabschiedeten Standard für Embedded SIM für einen einfachen Betreiberwechsel umzusetzen“, sagt Dr. Bettina Horster, und gibt zu bedenken: „Die Globalität des Internet und die nationalen Konzepte der Mobilfunkbetreiber prallen beim Thema mobiles Internet spätestens dann aufeinander, wenn es um staatenübergreifende Lösungen geht. Darunter leidet nicht nur jeder Verbraucher, der ins Ausland geht, sondern eben auch die Wirtschaft, wenn sie internationale Geschäftsmodelle zum Einsatz bringen will. Nur die großen Konzerne, zum Beispiel im Automotive Sektor, haben die Verhandlungsmacht, bezahlbare Preismodelle herauszuschlagen.“ Sie betont zugleich: „Es kann keinen ernsthaften Zweifel daran geben, dass sich direkte Maschinen-Vernetzung am Ende weltweit auf breiter Front durchsetzen wird.“
eco (www.eco.de) ist mit mehr als 750 Mitgliedsunternehmen der größte Verband der Internetwirtschaft in Europa. Seit 1995 gestaltet der eco Verband maßgeblich die Entwicklung des Internets in Deutschland, fördert neue Technologien, Infrastrukturen und Märkte, formt Rahmenbedingungen und vertritt die Interessen der Mitglieder gegenüber der Politik und in internationalen Gremien. In den eco Kompetenzgruppen sind alle wichtigen Experten und Entscheidungsträger der Internetwirtschaft vertreten und treiben aktuelle und zukünftige Internetthemen voran.
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