„Wenn sich China und Russland verbünden… Die Herausforderung der Freien Welt“, Andreas Dripke, Hang Nguyen, Jamal Qaiser, 260 Seiten, ISBN 978-3-98674-016-0
Jamal Qaiser: „Bei einem Bruch mit China würde der DAX einen Sturm erleben, gegen den sich der aktuelle Rückgang wie ein laues Sommerlüftchen ausnimmt.“
Interview mit Buchautor Jamal Qaiser vereinbaren über team@euromarcom.de
Frankfurt, 14. März 2022 – Der gar nicht mehr so kalte Krieg ist zurück, lautet die These des neuen Buches „Wenn sich China und Russland verbünden…“, das im Verlag der UNO-Denkfabrik Diplomatic Council erschienen ist (ISBN 978-3-98674-016-0). Demnach stehen sich zwei Machtblöcke gegenüber: Der Westen mit den USA als Anführer und Europa als Mitläufer auf der einen Seite und China als aufstrebende neue Supermacht mit Russland als eine Art Gehilfe auf der anderen Seite. Europa muss diese „neue alte Rolle“ an der Seite der USA schleunigst einnehmen, nicht nur in Bezug auf Russland, sondern auch gegenüber China, mahnen die Autoren.
Der Friedensaktivist und Buchautor Jamal Qaiser erklärt: „Europa lebt in einem Gefühl der Äquidistanz zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und der Volksrepublik China. Das ist falsch und fatal. Spätestens nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine muss klar sein, dass wir um ein Vielfaches näher am amerikanischen Gesellschaftsmodell als am kommunistischen Modell Chinas oder Russlands stehen.“ Er verweist darauf, dass der russische Präsident Wladimir Putin und der chinesische Staatschef Xi Jinping nur 20 Tage vor der Invasion in die Ukraine einen neuen „Bündnisvertrag“ unterzeichnet haben. „Peking und Moskau stehen sich näher, als im Westen lange Zeit wahrgenommen wurde“, warnt Jamal Qaiser. Er führt aus: „Die beiden Länder sind keine engsten Freunde, aber sie sind vereint in dem Bestreben, die Supermacht der Vereinigten Staaten von Amerika zu brechen. Und beide Länder haben sich einem gemeinsamen Gesellschaftssystem verschrieben: dem Kommunismus. Dies steht dem westlichen Menschenbild von rechtsstaatlicher Demokratie und individueller Freiheit diametral entgegen.“
Weiter sagt Jamal Qaiser: „Wenn sich der bevölkerungsreichste Staat der Erde, die Volksrepublik China, und das flächenmäßig größte Land auf diesem Planeten, die Russische Föderation, gegen den Westen verbünden, sind unsere Demokratie, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit in akuter Gefahr. Es gibt keinen Weg für Europa, sich aus diesem Kampf der Welten herauszuhalten. Aber es besteht die Möglichkeit, sich eindeutig zu positionieren, um in einer unsicheren Zeit ein Maximum an Sicherheit für die europäische Bevölkerung zu erzielen.“
Auf Deutschland werden bei einem Bruch mit China allerdings ebenso harte Zeiten zukommen wie derzeit bei der Energieversorgung aus Russland, prognostiziert der Autor und Friedensaktivist. So war China 2020 zum fünften Mal in Folge Deutschlands größter Handelspartner. Jamal Qaiser nennt ein Beispiel: „Im ersten Halbjahr 2021 entfielen rund 41 Prozent des weltweiten Absatzes des größten deutschen Automobilkonzerns und des umsatzstärksten Unternehmens der Bundesrepublik, Volkswagen, auf China. Sollte es zum Bruch mit der Volksrepublik kommen, würde der DAX einen Sturm erleben, gegen den sich der aktuelle Rückgang wie ein laues Sommerlüftchen ausnähme.“
In dem Buch wird ein Vergleich der Beziehungen zwischen Deutschland einerseits und Russland bzw. China andererseits gezogen. Dabei kommen die Autoren zu dem Schluss, dass die jahrelange Nähe Berlins zu Moskau erhebliche Mitschuld daran trägt, dass Europa Russland lange Zeit eher als Freund denn als Feind wahrnahm. „Niemand steht für den deutschen Schmusekurs mit Moskau derart symbolisch wie Altkanzler Gerhard Schröder“, sagt Jamal Quaiser und zieht den Vergleich: „Und keine Industrie steht derart exemplarisch für die Abhängigkeit der deutschen Wirtschaft von China wie die Automobilbranche.“
„Die Beziehungen zu Peking sind ein Drahtseilakt und niemand weiß, wann wir – genau wie im Fall von Moskau – vom Seil fallen werden. Aber es ist blauäugig zu glauben, dass es ewig gut gehen wird“, warnt Jamal Qaiser. Er verweist darauf, dass China Russland ungeachtet des Ukraine-Krieges Anfang März 2022 als seinen wichtigsten strategischen Partner bezeichnet hat. Die Bande zu Moskau seien eine der bedeutendsten bilateralen Beziehungen weltweit und die Freundschaft beider Völker unanfechtbar, sagte Außenminister Wang Yi auf einer Pressekonferenz aus Anlass der Jahrestagung des chinesischen Volkskongresses in Peking. „Wir haben den Fehler gemacht, Wladimir Putin über viele Jahre hinweg nicht richtig zuzuhören oder ihn jedenfalls nicht ernst zu nehmen“, sagt Jamal Qaiser und mahnt: „Es wäre töricht, denselben Fehler bei der Volksrepublik China zu wiederholen.“
Auszug aus dem Buch: Wie stark sich China darauf vorbereitet, die Führung der Welt von den USA zu übernehmen, verdeutlichte Staatschef Xi Jinping in seiner Rede auf dem wegen der Coronapandemie virtuell abgehaltenen Weltwirtschaftsforum 2021. Dabei gerierte er sich als globaler Verteidiger des Rechts, der Freiheit und der Demokratie. Während US-Präsident Joe Biden mit den Worten „Ich denke, dass wenn wir in einem Krieg enden werden – einem echten Krieg mit einer Großmacht – dass es wahrscheinlich als Folge eines Cyberangriffs von großer Tragweite sein wird, und die Wahrscheinlichkeit nimmt exponentiell zu“ ernsthaft mit Krieg drohte, erklärte Xi Jinping: „Wir sollten uns dem Völkerrecht verpflichtet fühlen, anstatt die eigene Vormachtstellung anzustreben.“ Das war ein zentraler und aus dem Mund des chinesischen Staatschefs bemerkenswerter Satz. Im alten China, sagte Xi Jinping, sei „das Recht die wahre Grundlage des Regierens“ gewesen. Das habe auch heute und in der Weltpolitik zu gelten. Nicht das „Recht des Dschungels“ dürfe die Beziehungen zwischen Staaten bestimmen, sondern Regeln und Konsens. „Der Starke soll nicht den Schwachen schikanieren“, so Xi Jinping. Und weiter: Nicht das „Winken mit einer großen Faust“ darf den Ausschlag geben. Die Charta der Vereinten Nationen sei die Basis der internationalen Gemeinschaft, deklamierte der chinesische Staatschef auf dem Weltwirtschaftsforum 2021. US-Präsident Biden stand also als Kriegstreiber da, während sich Xi als Bewahrer des Friedens auf Grundlage des Völkerrechts und Verfechter des Multilateralismus positionierte. Damit ist klar: China ist keineswegs bereit, sich von den USA in die „Rolle des Schurken“ drängen zu lassen, sondern will seine globale Ausbreitung als eine mit dem internationalen Völkerrecht übereinstimmende Entwicklung verstanden wissen.
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