„Das Ende des Automobils, wie wir es kennen, und die Zukunft der neuen Generation autonomer E-Autos“ aus der UNO-Denkfabrik Diplomatic Council
Patrick Dripke, Thomas Gronenthal, 140 Seiten, ISBN 978-3-947818-79-2
Frankfurt, 13. Dezember 2021 – Das Auto der Zukunft wird nicht einfach ein Wagen sein, wie wir ihn heute kennen, nur mit einem E-Motor statt einem Benzin- oder Dieselmotor. Bei der Software wird es sich nicht lediglich um verbesserte Assistenzsysteme handeln, wie sie derzeit schon in vielen Wagen üblich sind. Sondern das Auto der Zukunft wird grundlegend anders und in ein völlig andersartiges Ökosystem eingebettet sein. Man mag an den Unterschied zwischen einem Festnetztelefon aus alten Zeiten und einem modernen Smartphone mit seiner App-Ökonomie denken. Diese These vertreten die Autoren Patrick Dripke und Thomas Gronenthal in ihrem neuen Buch „Auto ohne Lenkrad – Das selbstfahrende Auto steht vor der Tür“, das im Verlag der UNO-Denkfabrik Diplomatic Council erschienen ist.
Selbst zu fahren wird in Zukunft zu einem Abenteuer
Nach Ansicht der beiden Autoren ist die Vorstellung eines Wagens, der kein Lenkrad mehr besitzt, besonders gut geeignet, um sich die Implikationen der anstehenden Veränderungen zu verdeutlichen. Patrick Dripke erklärt: „Viele beschleicht sicherlich ein mulmiges Gefühl, sich ein Auto auszumalen, das niemand lenkt. Sie werden sich heute noch nicht auf eine Fahrt in einem fahrerlosen Automobil einlassen. Doch nach ein paar Jahren der Eingewöhnung werden wir uns gar nicht mehr vorstellen können, in einen Wagen einzusteigen, der von einem Menschen gefahren wird. Die Fahrt mit einem menschlichen Fahrer wird uns zu ungewohnt, zu unsicher und zu unbequem vorkommen. Der Normalfall wird das autonome Automobil sein, das eigenständig fährt und lenkt, das Routinearbeiten wie Tanken, Abholen oder Hinbringen selbstständig erledigt.“ Thomas Gronenthal ergänzt: „Selber zu fahren wird in Zukunft zu einem Abenteuer, das nur noch auf eigens dafür vorgesehenen Pisten erlaubt sein wird, wie auf einem Abenteuerspielplatz.“
Das Auto als „moralische Maschine“
Die Autoren weisen darauf hin, dass das selbstfahrende Automobil nicht nur technische Herausforderungen birgt, sondern auch moralische Fragen aufwirft. Patrick Dripke erklärt das „Auto als moralische Maschine“ anhand eines Szenarios: „Kurz vor einem Zebrastreifen, auf dem zahlreiche Menschen gerade die Straße überqueren, versagen im selbstfahrenden Wagen die Bremsen. Die im Auto verbaute Künstliche Intelligenz muss also entscheiden, in welche Menschengruppe der Wagen hineinfährt, in die Frau mit dem Kinderwagen, die Kinderschar, die älteren Menschen, Männer, Frauen? Kommt es einfach nur darauf an, so wenige Menschen wie möglich zu gefährden? Oder sind Kinder oder Frauen schützenswerter? Oder soll der Wagen gegen eine Mauer lenken, um die Menschen auf dem Zebrastreifen zu retten, aber den Tod der Insassen in Kauf nehmen? Ist derjenige, der bei roter Fußgängerampel eine Straße überquert, weniger schützenswert als jemand, der sich an die Regeln hält? Und wenn ja, gilt das auch bei Kindern – und bis zu welchem Alter? Auf all diese Fragen muss das selbstfahrende Auto in einer Zehntelsekunde Antworten finden.“
Detailliert stellt das Buch die wichtigsten Studien zur „Moral von Autos“ vor, die sich in folgenden Aussagen zusammenfassen lassen: Wenn schon Menschen sterben müssen, dann lieber wenige als viele, und es ist besser, wenn ältere statt jüngere Menschen sterben. Doch diese Erkenntnisse stehen nicht im Einklang mit den Richtlinien zu selbstfahrenden Fahrzeugen in Deutschland. Diese verbieten eine Unterscheidung von Personen aufgrund ihres Geschlechts, ihres ethnischen Hintergrunds und eben auch ihres Alters. Ein besonderer Kinderschutz oder der Schutz alter Menschen, die es möglicherweise schlichtweg nicht schaffen, den Fußgängerüberweg während der Grünphase zu überqueren, ist nicht vorgesehen.
BMW, Daimler und VW gegen Tesla und Apple
Das Buch widmet sich auch der Frage, ob es den deutschen Autoherstellern gelingen wird, ihre bisher dominante Position auf dem Weltmarkt in die neue automobile Ära zu retten. Damit dieser Schritt gelingt, müssten BMW, Daimler und VW vor allem ihre Softwarekompetenz „drastisch erhöhen“, meinen die Autoren. Darüber hinaus raten sie den Autobauern, „alles daran zu setzen, eigene Computerchips zu entwerfen“. Dazu Patrick Dripke: „Damit Autos ohne Lenkrad sicher fahren können, benötigen sie Künstliche Intelligenz, die schnell arbeitet, mit anderen Worten: KI-Chips.“ Um sich die dazu notwendige Kompetenz in der KI-Forschung und in der Halbleiterentwicklung anzueignen, benötigen die deutschen Autohersteller „auf jeden Fall“ Industriepartnerschaften mit Chipherstellern wie Intel oder Nvidia, sind sich die Autoren sicher – und warnen gleichzeitig vor der damit verbundenen Abhängigkeit. „Die Autobranche hat eine langjährige Tradition darin, wichtige Funktionsteile an Zulieferer auszulagern, um Kosten zu sparen. Jetzt wird es höchste Zeit, die Kernkompetenzen wieder ins eigene Haus zu holen“, mahnt Thomas Gronenthal. Als einen „Lichtblick“ für die deutsche Autoindustrie bezeichnen die Autoren die Zulassung des „Mercedes Drive Pilot“ durch das Kraftfahrt-Bundesamt. Diese gilt allerdings bislang nur bis 60 Stundenkilometer und nur auf Autobahnen. „Das mutet beeindruckend an, aber ist meilenweit entfernt von einem Wagen, der in einer Innenstadt mit Gegen- und Querverkehr eigenständig fährt.“
Die Autoren warnen in ihrem Buch vor „falschen Vorbildern“. Dazu Patrick Dripke: „Die klassischen Autohersteller, allen voran VW, orientieren sich bislang an Tesla als Lehrmeister. Besser wäre es jedoch, sich ein mutmaßliches Apple Car zum Vorbild zu nehmen, um nicht eines Tages von einem Apple Auto überrascht zu werden.“
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