Detlef Schmuck: TikTok/WeChat-Verbot in den USA käme GAFAM-Verbot in der EU gleich

TeamDrive-Chef rät deutschen Unternehmen, ihre Firmendaten von US-Digitalkonzernen abzuziehen und bei heimischen Datendienstleistern zu speichern

Hamburg, 23. September 2020 – Die Vorgaben der US-Regierung, um die chinesischen Online-Plattformen TikTok und WeChat in den USA weiter betreiben zu können, wären in etwa so, als ob die EU den US-amerikanischen GAFAM-Konzernen – also Google, Apple, Facebook, Amazon, Microsoft – in der Europäischen Union vorschreiben würde, sich überwiegend in europäische Hand zu begeben oder den Betrieb in der EU einzustellen. Diesen Vergleich zieht der Datensicherheitsexperte Detlef Schmuck, Geschäftsführer der Hamburger Datendienstfirma TeamDrive. Er sagt: „Nachdem der Europäische Gerichtshof EuGH den EU-US Privacy Shield gekippt hat, wäre ein Verbot der GAFAM-Gang in der EU nur konsequent. Schließlich gelangt das oberste europäische Gericht eindeutig zu dem Schluss, dass der Datenschutz in den USA eine Farce ist, die den hohen Ansprüchen an den Schutz persönlicher Daten in Europa in keiner Weise gerecht wird. Ein Verbot in der EU wäre also ein konsequenter Schritt.“

Detlef Schmuck fordert indes keineswegs die Abschaltung, denn „die Geschädigten wären weniger die US-Konzerne, als vielmehr die Bürger und die Wirtschaft in der EU“. Er sagt: „Machen wir uns nichts vor: Unsere Abhängigkeit von den US-Digitalgiganten ist derart groß, dass wir und unsere Wirtschaft jedenfalls kurzfristig ohne Google, Apple, Facebook, Amazon und Microsoft kaum noch leben könnten. Millionen von Menschen würden im wortwörtlichen Sinne ihre Arbeitsgrundlage verlieren, wenn etwa Microsoft Office nicht mehr legal nutzbar wäre. Unzählige geschäftliche Arbeits- und Projektgruppen haben sich über WhatsApp, das zu Facebook gehört, organisiert. Viele europäische Online-Shops hätten ohne Google gar keinen Kundenzustrom mehr. Wir haben uns in eine digitale Abhängigkeit von den USA begeben, die angesichts der schwelenden Handelskriege binnen weniger Monate gefährlich werden kann.“

Daher rät der Hamburger Datensicherheitsexperte europäischen Unternehmen, ihre Firmendaten aus den USA herauszuholen und bei einem deutschen Datendienstleister zu sichern. Er erklärt: „Die zunehmende Verlagerung von Datenbeständen in die Cloud sollte nicht dazu führen, die weltweite Deglobalisierung zu übersehen. Es macht sehr wohl einen Unterschied, ob die Firmendaten bei einer deutschen Firma auf einem Server in Deutschland liegen oder auf einem Server außerhalb der EU, der von einem US-amerikanischen Unternehmen betrieben wird. Im ersten Fall gilt unter allen Umständen das Recht der Bundesrepublik Deutschland, im zweiten Fall besteht die Gefahr, dass das US-Recht höher bewertet wird als deutsches Recht.“ Der TeamDrive-Chef nennt wohl nicht ganz uneigennützig ein konkretes Beispiel: „Man kann weiterhin Microsoft Office verwenden, die Daten jedoch bei TeamDrive speichern. Dadurch hat man die bekannte Funktionalität der Office-Software und gleichzeitig die Gewähr, dass die Daten in Deutschland bleiben und streng nach den Vorschriften der Datenschutz-Grundverordnung behandelt werden. Nachdem der EU-US Privacy Shield seine Rechtsgültigkeit verloren hat, stellt die Nutzung US-amerikanischer Datendienste durch eine deutsche Firma ohnehin für jeden Vorstand und jeden Geschäftsführer ein erhebliches Risiko bis hin zur Haftung für Datenschutzverletzungen dar.“