Prof. Dr. Jürgen Stark: Die europäische Integration vertiefen
Vortrag auf der 11. Plansecur-Finanzplanungsmesse in Kassel
Kassel, 17. September 2015 – Im Ringen um eine wirtschaftlich stabile Zukunft Europas hält Prof. Dr. Jürgen Stark eine vertiefte europäische Integration für nötig. Dies erfordere einen starken politischen Willen und eine Klärung, welche Aufgaben auf europäischer Ebene wahrgenommen werden sollen. Kritisch beurteilt er die schleichende Entwicklung zu einer Haftungs- und Transferunion in Europa. Die beiden extremen Entwicklungsmöglichkeiten – eine Rückbesinnung auf die klar definierten Maastricht-Kriterien auf der einen beziehungsweise eine Auflösung der Euro-Währungsunion auf der anderen Seite – sehe er derzeit aber nicht, sagte der Ökonom anlässlich der Plansecur-Finanzplanungsmesse in Kassel, auf der er zum Thema „Wohin steuern Europa und der Euro?“ sprach.
Die angespannte Situation in Europa ist nach Prof. Starks Meinung die Kombination einer Schulden-, Struktur- und institutionellen Krise, die in diesem Jahr aufgrund des Flüchtlingsdramas zusätzlich verschärft werde. Im Krisenmanagement auf nationaler und supranationaler Ebene müssten vor allem wirtschaftliche Herausforderungen gemeistert werden. Die Lage der öffentlichen Finanzen sei trotz einer leicht positiven Entwicklung weiterhin dramatisch und die kritische Masse an Strukturreformen, um das Wachstumspotenzial zu stärken und die Arbeitslosigkeit in Europa signifikant zu verringern, sei noch nicht erreicht. Zudem verzögere sich seit 2008 die Sanierung des Bankensystems. Auch Änderungen in den Abläufen der Wirtschafts- und Währungsunion – zu Beginn der Finanzkrise eine gewünschte Reaktion – scheinen sich zu einem stetigen Zustand zu entwickeln.
Die Rolle der Europäischen Zentralbank (EZB), deren Chef-Volkswirt und Direktoriumsmitglied er in den Jahren von 2006 bis 2012 war, empfindet Prof. Stark in der aktuellen Situation als ambivalent: „Die EZB versteht sich als die einzige funktionierende föderale Institution, die über rasche Entscheidungsverfahren, die notwendige Flexibilität und unbegrenzte finanzielle Ressourcen verfügt.“ Das von der EZB seit geraumer Zeit betriebene Quantitative Easing, also die Ausweitung der Geldbasis, um die Realzinsen zu senken, kritisiert er: „Wenn die Zentralbank bereits an der Nullzins-Grenze operiert und Markt-Zinsen bereits sehr niedrig sind, droht Geldpolitik ineffektiv zu werden.“ Der Ökonom wies auch auf unbeabsichtigte Folgen hin, die diese EZB-Strategie mit sich bringen könne. Neben einer Änderung des Spar- und Vorsorgeverhaltens der Verbraucher, internationaler Übertragungseffekte auf Nicht-Euro- und Schwellenländer und Fehlanreizen für einen funktionierenden Interbankenmarkt bestehe zudem die Gefahr neuer Marktübertreibungen bis hin zu einer Finanzkrise.
Die Plansecur-Finanzplanungsmesse fand zum elften Mal statt. Der erste Messetag war für die 67 Aussteller reserviert, der zweite Tag bot den Besuchern 20 Kurzvorträge aus dem gesamten Spektrum der Allfinanz: Workshops zu Personen- und Sachversicherungen waren ebenso im Programm wie Vorträge über Investmentfonds oder geschlossene Beteiligungen. „Beim fachlichen Austausch ging es in diesem Jahr vor allem um Anlagestrategien im anhaltenden Niedrigzinsumfeld. Nach der Messe beginnt das Schlussquartal 2015 und ich denke, dass wir uns darauf gut eingestimmt haben“, lautete das Fazit von Plansecur-Geschäftsführer Johannes Sczepan.
Die Plansecur ist eine konzernunabhängige Unternehmensgruppe für Finanzplanung und Vermittlung. Sie bekennt sich seit ihrer Gründung 1986 zu ethischen Grundsätzen. Bundesweit betreuen etwa 200 Berater mehr als 60.000 Kunden. 2015 platzierte sich das Unternehmen beim Wettbewerb „Top Service Deutschland“ unter 109 Teilnehmern auf Rang 7. 2012 wurde die Plansecur erneut mit dem Gütesiegel „Ethics in Business“ als Vorreiter ethischen Handelns ausgezeichnet.
Comments are closed